Peter Maffay: Und es war Sommer. ..

Peter Maffay: Und es war Sommer. ..
Peter Maffay: Und es war Sommer. ..
 
Im Jahr 2000 kann Peter Maffay (Jahrgang 1949) auf eine dreißigjährige Musikerlaufbahn zurückblicken, wie sie in Deutschland wohl niemand sonst vorzuweisen hat. Nicht nur, dass der mittlerweile über Fünfzigjährige der erfolgreichste »Plattenverkäufer« (Spiegel) im deutschen Showgeschäft der 1970er- und 1980er-Jahre war — also die größten Umsätze tätigte —, er war auch so fleißig wie kein anderer Musiker.
 
Eine frustrierende Komponente von Maffays Bilderbuchkarriere ist dabei in gewisser Weise, dass er nach seinen ersten Erfolgen mit Schnulzen das Image des Schlagersängers nie ganz los wurde, obgleich er sich — nach eigenen Angaben — redlich bemühte, echt empfundene Gefühle zu vermitteln und echte Rockmusik zu machen. Doch was der Fachwelt Anlass zu Häme und Kritik gab — banale Texte, Pseudorock und aufgesetzte Marlboro-Romantik —, störte eine treue, riesige Fangemeinde nicht im Geringsten: Maffay war und blieb der »König« der deutschen Rock- und Popszene (FAZ). Er betätigte sich auch als Schauspieler, und mit seinen »Tabaluga«-Geschichten feierte er immense Erfolge in den Bereichen Kinderplatte und Musical.
 
 
Peter Maffay (eigentlich Peter Alex Makkay) kam am 30. August 1949 im rumänischen Sibiu (Kronstadt) als Sohn eines ungarischen Flugzeugmechanikers und einer Siebenbürgen-Deutschen zur Welt. 1963 gelang es der Familie, aus dem sozialistischen Staat auszureisen, und da die USA die Einwanderung verweigerten, blieben die Makkays in Deutschland hängen. In Mühldorf/Inn besuchte Peter Maffay das Gymnasium bis zur mittleren Reife, dann ging er nach München und begann 1968 eine Lehre als Chemigraph. Er hatte erste Auftritte in dem Folkloreklub »Song Parnass«, wo er bald von dem Musikproduzenten und Texter Michael Kunze entdeckt wurde. Gleich der erste Song, den Kunze für Maffay schrieb (gemeinsam mit Peter Orloff), brachte dem jungen Sänger den Durchbruch, denn »Du« — 1969 veröffentlicht — erreichte im April 1970 Platz 1 der deutschen Hitparade. Mit »Welcher Stern steht über uns?«, »Wo bist du?« und »Angela« hatte Maffay in den nächsten Jahren weitere Erfolgssingles, doch seine Rolle als Teenager- und Mofarockeridol passte ihm immer weniger, außerdem wollte er keine Schlager mehr singen.
 
Maffay trennte sich 1974 von Kunze, um mit dem Koproduzenten und Texter Joachim Heider zusammenzuarbeiten. Auch mit diesem Partner feierte Maffay Erfolge vor allem wegen der Balladen, doch immerhin hatte er die ganz seichten Gewässer hinter sich gelassen. »Samstag abend in unserer Straße« und »Josie« waren die großen Hits der Jahre 1974/75, und 1976 wurde Maffays Jahr aufgrund des Liedes »Und es war Sommer«, das von einer Liebesaffäre zwischen einer erwachsenen Frau und einem sechzehnjährigen Jungen erzählt. Der Song wurde zwar von einigen Rundfunkanstalten nicht gespielt, doch die gleichnamige LP erhielt den Deutschen Schallplattenpreis und verkaufte sich über 300 000 Mal.
 
 Country und Härteres
 
Wenngleich Maffay sich innerhalb weniger Jahre vom Schlagersänger zum mehr oder minder seriösen »Liedermacher« entwickelt hatte, war er mit seinem Image immer noch nicht zufrieden — wie eine Art Befreiungsschlag mutete 1977 seine Zusammenarbeit mit dem Gitarristen und Sänger Johnny Tame (alias Uwe Reuss, * 1947) an. Als Tame ' Maffay legte der Berühmtere, der sich bewusst an die zweite Stelle rückte, gemeinsam mit dem ehemaligen Begleitmusiker von Costa Cordalis eine relativ rockige, englischsprachige Countryplatte vor, die vom deutschen Publikum allerdings schlecht angenommen wurde und somit zu Maffays Imagewandel nur geringfügig beitragen konnte.
 
Immerhin hatte er klargemacht, wo er stand bzw. hin wollte, und nach der Trennung von Heider und einer Pause legte er 1979 die LP »Steppenwolf« vor, die einen Bruch mit dem bislang da Gewesenen darstellte und nun vom Publikum begeistert akzeptiert wurde. Wie um zu beweisen, dass er sich verändert hatte, posierte Maffay auf der Plattenhülle in Ledermontur. Die Musik auf dieser Platte war rockiger (große Teile von Udo Lindenbergs Panik Orchester hatten mitgewirkt), und nicht nur, weil LP und die Singleauskopplung »So bist du« zu nationalen Bestsellern wurden (jeweils Platz 1 der Hitparaden) und der Künstler mit Preisen und Auszeichnungen überhäuft wurde, hatte Maffay mit »Steppenwolf« Gangart und Richtung seiner weiteren Laufbahn festgelegt.
 
Nach einer weiteren Platte mit Tame, die im Zuge der »Steppenwolf«-Euphorie nun großen Erfolg hatte, folgte die LP »Revange« (1980), die mit »Weil es dich gibt« und insbesondere »Über sieben Brücken musst du geh«n« weitere Riesenhits beinhaltete. Letzteren Titel hatte Maffay von der DDR-Rockgruppe Karat entliehen, und im Zuge seines Erfolges gelangte auch das Original in die deutsche Hitparade, weshalb man Maffays Vorgehen als ein Stück »Wiedervereinigung« würdigen muss.
 
 Tabaluga
 
Peter Maffay avancierte mit »Revanche« zum bekanntesten Sänger Deutschlands, und aufgrund seiner ungeheuren Popularität waren seine folgenden Platten ebenso wie die begleitenden Tourneen quasi Selbstläufer und äußerst erfolgreich. Die Feuilletons und Musikmagazine wussten seine Arbeit allerdings kaum zu würdigen und zogen über musikalische Ideenarmut, textliche Ungereimtheiten und Flachheiten ebenso wie über Pseudo-Rock und Marlboro-Romantik her. Mit vollkommenem Unverständnis reagierte die Fachpresse 1983 auf Maffays Kinderplatte »Tabaluga«, ein musikalisches Märchen, erzählt aus der Sicht eines Drachenkindes. Kinder und Erwachsene gleichermaßen machten als Käufer den »Tabaluga«-Song »Nessaja« zum Hit, und Figur und Geschichte berührten ein großes Publikum, das die Platte 500 000 Mal kaufte. 1986 setzte Maffay das Konzept mit einer weiteren Schallplatte fort (Platz 1 der deutschen LP-Charts), und 1993 gestaltete er aus dem Stoff ein Musical, das als »Tabaluga und Lilli« auf Tournee ging. Bald darauf wurde um den kleinen Drachen gar ein eigenes Sendeformat entwickelt, das in Form des »Tabaluga-Tivi« das Kinderprogramm des deutschen Fernsehens bereicherte.
 
 Rockschlager für die Massen
 
Maffay war und blieb ein Musiker, der für eine große und häufig anspruchslose Klientel schrieb und arbeitete. Der »Spiegel« warf ihm vor, mit »Spießerträumen« bei seinem Publikum »hausieren« zu gehen.
 
Doch was er tat, tat er richtig, und so fanden die LPs »Carambolage« (1984), »Sonne in der Nacht« (1985), »Lange Schatten« (1988) und »Kein Weg zu weit« (1989) willige Käufer — alle vier Platten erreichten Platz 1 der deutschen Hitparade. 1987 machte Maffay einen Ausflug ins Filmgeschäft und agierte als Kommissar in dem Krimi »Der Joker«. Die großen Hits dieser Jahre waren »Sonne in der Nacht«, »Eiszeit« und »Tiefer«, und diese wie auch ältere trug Maffay 1990 im Rahmen einer der ersten gesamtdeutschen Tourneen überhaupt auch im gerade erst geöffneten Osten Deutschlands vor. Der entstandene Konzertmitschnitt »Leipzig — Live« blieb von den Verkaufszahlen her hinter den Erwartungen zurück. Auch die nächsten LPs, »38317« und »Freunde und Propheten«, erreichten 1991 bzw. 1992 »nur« die Hitparadenplätze 3 bzw. 8. Wenngleich sich in musikalischer und textlicher Hinsicht nicht viel veränderte — die FAZ attestierte ihm eine »Lust am Immergleichen« —, kümmerte sich Maffay doch stets um aufregende Mitmusiker für seine Projekte. So verpflichtete er beispielsweise für die »Lange Schatten«-LP die damals recht populäre Akkordeonistin Lydia Auvrey, den legendären Bluesgitarristen John Mayall (dessen Gruppe Bluesbreakers nahm er auch mit auf Tournee) sowie Chris Thompson, den Sänger von Manfred Mann«s Earth Band, der in England dann eine übersetzte Fassung von »Tabaluga« veröffentlichte. 1991/92 beschäftigte Maffay in seiner Gruppe den Gitarristen Alvin Lee, der als Kopf von Ten Years After nicht nur mit seinem Auftritt in Woodstock Rockgeschichte geschrieben hatte. Außerdem engagierte sich Maffay zunehmend für wohltätige Zwecke, spendete Geld für Rumänien und schloss sich finanzkräftig der Initiative »MAP« (Medien, Aids, Prävention) an, die sich der Aufklärung Jugendlicher widmete.
 
 Reife Jahre und neue Ziele
 
Nach der ausgiebigen »Tabaluga«-Tournee (1994) wandte sich Maffay unerwartet einem ganz neuen Bereich zu. Er beschäftigte sich mit der »Weltmusik«, also der Musik fremder Völker und Kulturen, und legte 1998 sein Album »Begegnungen« vor, das er unter anderem mit Künstlern aus dem Kongo, Australien und Dänemark eingespielt hatte. Wieder wurde ihm von Kritikerseite aus vorgeworfen, sich mit dieser Arbeit in deutscher Gemütlichkeit — nämlich vom Wohnzimmer bzw. seinem Studio in Tutzing aus — an einen Trend angehängt zu haben, den Künstler wie Peter Gabriel, Paul Simon und David Byrne ausgelöst hatten, doch sein treues Publikum dankte ihm das Engagement und besuchte eifrig die Konzerte, die Maffay mit seinen »exotischen« Musikerkollegen aus Ungarn, Australien, Amerika, Afrika und Israel bundesweit absolvierte. Erst im Frühjahr 2000 meldete sich Maffay, der mittlerweile die Fünfzig überschritten hatte, dann wieder zurück und legte die geheimnisvoll betitelte LP »X« vor (es handelt sich nicht um sein Opus 10), eine Platte nach alter Manier, an die er jedoch — wie er sagte — mit dem Anspruch herangegangen war, alles extremer als bisher zu machen: »Die schnellen Rocknummern schnörkellos und direkt. Die Balladen dafür richtig gefühlig.« Als erste Singleauskopplung erschien »Bis ans Ende der Welt«.
 
Tonträger
 
Für das Mädchen, das ich liebe (1970)
 
Du bist wie ein Lied (1971)
 
it's you I want to live with (1971)
 
Omen (1973)
 
Samstag abend in unserer Straße (1974)
 
Josie (1975)
 
Meine Freiheit (1975)
 
Und es war Sommer (1976)
 
Tame ' Maffay (1977)
 
Dein Gesicht (1977)
 
Live (1978)
 
Steppenwolf (1979)
 
Tame ' Maffay II (1979)
 
Frei sein (1979; Sampler)
 
Revanche (1980)
 
Ich will leben (1982)
 
Live »82 (1982)
 
Tabaluga oder die Reise zur Vernunft (1983)
 
Carambolage (1984)
 
Sonne in der Nacht (1985)
 
Tabaluga oder das leuchtende Schweigen (1986)
 
Lange Schatten (1988)
 
Live »88 (1988)
 
Kein Weg zu weit (1989)
 
Leipzig — Live (1990)
 
38317 (1991)
 
Freunde und Propheten (1992)
 
Tabaluga und Lilli (1993)
 
Tabaluga und Lilli — Live (1994)
 
Der Weg (1994; Sampler)
 
Sechsundneunzig (1996)
 
Maffay 96 Live (1997)
 
Begegnungen (1998)
 
Begegnungen Live (1999)
 
X (2000)
 
 
Frank Eyssen: Peter Maffay. Reinbek 1986.
 Jürgen Seibold: Peter Maffay. Rastatt 21993.
 Stephan Niederwieser und Alan Forman: Peter Maffay. Der Rocker mit Gefühl. Düsseldorf 1996.
 Michael Rieth: Peter Maffays Begegnungen. Ein Reisebericht. München 1998.

Universal-Lexikon. 2012.

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